Dienstag, 1. November 2016

Samenernte

Die letzten Wochen und Monate waren wir permanent mit der Ernte beschäftigt. Die Haupterntezeit ist von August bis Mitte Oktober. Los geht es aber schon Anfang Mai, wenn die ersten Frühblüher fruchten. Beim Ernten von Staudensamen kann man einige Fehler machen, nicht alles ist so simpel, wie man zunächst glaubt. Die vorhandene Literatur beschäftigt sich hauptsächlich mit Nutzpflanzen. Sehr nützlich und hervorragend ist z.B. das vom Verein Arche Noah herausgegebene Handbuch Samengärtnerei. Zur Samenernte und -reinigung von Stauden und Wildpflanzen gibt es aber nach wie vor keine vernünftige, zusammenfassende Literatur.



Wann sind die Samen reif ? Wann erntet man ?

Bei den meisten Arten erkennt man den richtigen Zeitpunkt daran, dass die Blüten-/Fruchtstände welken und sich gelb-bräunlich verfärben. Bevor man erntet, nehme man immer ein bischen Material ab und zerreibe es zwischen den Händen. Dann sieht man, ob sich überhaupt Samen gebildet haben, wieviele es sind, und ob sie reif sind.

Reife Samen besitzen meistens eine dunkle und feste Samenschale. Ist sie dagegen noch hell und weich, sind sie unreif und man muss die Ernte zurückstellen. Weniger als 10% der Arten haben helle, manchmal sogar weiße Samenschalen. Dann gibts nur ein Kriterium: nämlich, wie fest der Same ist. Einen Anteil hohle (taube) Samen gibt es fast immer, und zuweilen sind fast alle taub. Ziemlich gemein sind z.B. Astern, da enthält oft nur jeder hundertste Same einen keimfähigen Embryo. Hat man Zweifel, zerquetscht man einfach einen Samen mit dem Fingernagel auf einer festen Oberfläche. Spürt man einen Widerstand und quillt dabei etwas Weißes hervor, handelt es sich um einern keimfähigen Samen, passiert das nicht, ist der Samen hohl.

Viele Sorten reifen über einen langen Zeitraum ab - ein typisches Merkmal für Wildpflanzen. D.h. man muss wöchentlich durchgehen und abernten. Die Handernte ist ganz schön arbeitsintensiv.


Große Betriebe, die feldmäßig anbauen könen sich das gar nicht leisten. Die müssen dann einen Zeitpunkt festsetzen, zu dem möglichst viele Samen reif sind. Das ist für die Qualität nicht immer gut, weil viele unreife Samen mitgeerntet werden. Ob diese Samen bei der Lagerung nachreifen, merkt man spätestens bei den Reinigungsprozessen.

Was erntet man genau?

Je nach Sorte ist das sehr unterschiedlich. Meistens schneidet man ganze reife Blüten-/Fruchtstände ab, die zahlreiche Samen enthalten. Oft sind dabei auch Stängel und Blätter enthalten. Alles andere wäre zu aufwändig und zeitraubend.  Große Früchte kann man auch einzeln abernten. Das muss man immer von Fall zu Fall entscheiden. Zuweilen ist es sinnvoll, viel Zeit für die Handernte aufzuwenden, dann hat man weitgehend reines Saatgut und man kann sich später bei der Reinigung eine Menge Zeit und Mühe sparen. Wer für den Hausgebrauch nur wenige Portionen benötigt, der tut gut daran, an dieser Stelle mehr Zeit zu investieren. Das spätere Reinigen kann sich nämlich als sehr mühsam herausstellen, besonders wenn man nicht einen großen Satz passender Siebe hat.



Wie die einzelnen Pflanzenfamilien ihre Samen ausbilden, ist sehr unterschiedlich. Bei den Lippenblütlern (Lamiaceae) sind sie in den Kelch eingeschlossen und müssen später oft herausgedroschen werden. Bei den Schmetterlingsblütlern sitzen sie in Hülsenfrüchten. Wenn diese Schoten sehr groß sind, kann man sie einzeln absammeln. Bei den Asterngewächsen sitzen die Samen in Körbchen - manchmal frei zugänglich und vom Wind weggetragen (wie beim Löwenzahn oder der Arnika), oft aber mehr oder weniger fest im Körbchen drin (wie z.B. bei Astern, Gänseblümchen oder Kamillen). Andere Pflanzenfamilien besitzen Kapseln, die sich während der Reife öffnen und die Samen verstreuen (z.B. Mohngewächse, Braunwurzgewächse, Nelkengewächse). Da muss man dann rechtzeitig aktiv werden, sonst ist alles rausgefallen. Ein Riesenthema, das uns hier im Blog immer wieder begegnen wird !

Wie bewahrt man das Material auf, und wo lagert man es ?

Ideal sind unbeschichtete Tüten aus braunem Kraftpapier (sogenannte Bodenbeutel). Leider bekommt man als Privatkunde im Handel oft nur die kleinen Varianten. Als Ersatz (leider nicht so günstig) kann man sich in jedem Supermarkt Papiertüten für Bioabfälle beschaffen, oder man verwendet Papier-Tragetaschen.



Das gesammelte Material muss erstmal mindestens zwei Wochen (besser 4-6 Wochen) an einem warmen, trockenen Ort lagern. Wir nutzen dafür einen Heizraum, der eine sehr niedrige Luftfeuchtigkeit aufweist. Ich habe extra ein Heizrohr nicht isoliert, damit die Wärme ausreicht (der Kaminfeger hats bisher nicht gemerkt).

Und zum Abschluss noch was Lustiges...

Was macht der denn da ?


Des Rätsels Lösung: ein Akku-Handstaubsauger. Von einigen extrem niederen Sorten, z.B. hier: Sternmoos (Sagina subulata) lassen sich die Samen nur auf diese Weise gewinnen. Manchmal ist der billigste der beste. Starke, leistungsfähige Geräte versagen hier, denn man würde viel zu viel Erde und Getier miteinsaugen...




Samstag, 16. Juli 2016

Hundert Jahre alte Samenbank

An einer jahrhundertalten Hofstelle lagert die Vergangenheit im Boden und ist jederzeit aktivierbar. Wir haben vor kurzem ein Beet neu angelegt, und dann kam das da aus dem Boden...


Anhand der Blätter war schnell klar, dass es sich wahrscheinlich um Schlafmohn (Papaver somniferum) handelt. Früher wurde der auch in Deutschland auf jedem größeren Bauernhof angebaut. Mit den Mohnsamen kann man ja bekanntlich einen guten Kuchen backen...

Ich dachte, dass es sich um eine der üblichen blassblauen oder lilarosa Sorten handeln wird, aber - oh Wunder - dieser hier blüht rot und ist ganz schön attraktiv. Sicher gab es früher eine ganze Reihe von Landsorten, die über Generationen weitergegeben wurden. Mit dem Verbot des Mohnanbaus nach dem 2. Weltkrieg verschwanden die aber ganz schön schnell. Trotzdem kommen diese Pflanzen immer wieder aus der Samenbank und lassen sich nicht so leicht unterkriegen. Die Rechtslage ist ein bischen unklar. Kann man etwas dafür, wenn Urgroßmutters Samen plötzlich wieder keimen ? Theoretisch muss man sie sofort ausreissen. Hat man einen bösen Nachbarn, kann der nämlich die Polizei rufen, und die muss laut Gesetz umgehend aktiv werden. Daher sollte man in so einem Fall die Pflanzen zumindest nach der Blüte entfernen, damits keine größeren Probleme gibt. Im Gegensatz zu Österreich und der Schweiz ist der Anbau von Schlafmohn in Deutschland völlig untersagt, auch für Zierzwecke, und selbst dann, wenn es sich nur um wenige Pflanzen handelt. Darüber wachen die Beamten der sogenannten Bundesopiumstelle. Man glaubts ja  kaum, aber die haben den Mohn sogar ganz vorne, quasi als Zierde ihrer Website: http://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/_node.html

Sämtliche Zierformen des Schlafmohns - Pflanzen die unseren Großeltern noch vertraut waren, und die schon seit Jahrhunderten in unseren Bauerngärten angebaut wurden, sind in Deutschland somit komplett verboten. Wir finden das sehr schade !

Die Fernwirkung dieser großen Blüten ist gigantisch. Von der hängenden Knospe bis zur Samenkapsel ist eigentlich alles elegant an dieser Pflanze!


Samstag, 14. Mai 2016

Steinkraut und andere gelb blühende Brassicaceen

Es blüht inzwischen schon einiges auf unseres Kulturflächen. Besonders sticht gerade das Steinkraut ins Auge. Davon haben wir zur Zeit nur drei Arten im Angebot. Aber es sollen mehr werden !

Diese Aufnahme habe ich Anfang Mai gemacht. Von weitem sieht man schon diesen großen gelben Fleck...


Da wächst Alyssum wulfenianum, das Ostalpen-Steinkraut.  Man kann auch Wulfens-Steinkraut sagen, benannt nach einem österreichischen Botaniker, der im 18. Jahrhundert gelebt hat. Wild kommt es in den Gebirgen der Ostalpen und des Balkan vor, von Österreich bis Mazedonien. Es ist sehr dauerhaft und robust. Verglichen mit dem weiter verbreiteten Alyssum montanum (Berg-Steinkraut) ist es die bei weitem bessere Art. Das Berg-Steinkraut gibt im Garten oft schon nach zwei Jahren den Geist auf. Alyssum wulfenianum hingegen kommt viele Jahre lang zuverlässig wieder.



Daneben steht noch Lesquerella arizonica. Eine nordamerikanische Schwestergattung, die mit den Steinkräutern sicherlich nah verwandt ist. Auf sandigen, leichten Böden ganz gut winterhart. Sicher nicht so auffällig, wie die Alyssum. Aber für den Liebhaber von Stein- und Kiesgärten allemal einen Versuch wert. Im Angebot haben wir die Samen seit wenigen Monaten. Verkauft haben wir noch nicht viele Portionen. Die Pflanze ist so gut wie unbekannt und für die Samenproduktion reichen uns locker die 4-5 Exemplare, die auf dem Feld stehen.


Damit es keine Kreuzbestäubungen gibt, kultivieren wir nah verwandte Arten an drei verschiedenen Standorten. Hier unser Staudenquartier, in dem wir die wertvolleren oder schwer zu erntenden Sorten in großen Rundtöpfen anbauen. auch hier sieht man ab Mitte April eine größere gelbe Fläche.



Alyssum ovirense - das Karawankensteinkraut, liefert bisher eine sehr vielversprechende Performance ab. Vor lauter Blüten sieht man die Töpfe gar nicht mehr ! Ab Herbst 2016 dann neu in unserem Angebot. Diese Art scheint wuchskräftiger zu sein als Alyssum wulfenianum und montanum. Passt bestimmt sehr gut in größere Steingärten oder zum Herunterhängen auf Mauerkronen.


Und dann gibts noch Aurinia saxatile, im gärtnerischen Bereich oft immer noch Alyssum saxatile genannt, das Felsen-Steinkraut.  Zweifellos die häufigste Steinkrautart unserer Gärten. Bei uns im Garten hat sich diese mediterrane Pflanze ihre eigene Nische gesucht, ohne dass wir irgendetwas dazutun mussten. Zahreiche Exemplare haben sich im groben Kies entlang des Hauses unter dem Dachvorsprung angesiedelt. Blackbox Gardening at its best ! Dort kommt kein Regen hin und oberflächlich bleibt es immer schön trocken. Ein Traumstandort für diese Pflanze. Wir können hier jedes Jahr mehr als 200g Samen ernten, was unseren Bedarf vollauf befriedigt. Wenn eine Pflanze nach ein paar Jahren abstirbt, hat sich gleich ein Nachfolger versamt und macht die Fläche ein Jahr später wieder zu.



Von diesem überaus populären Steinkraut existiert auch noch ein hell-/schwefelgelbe Variante (Aurinia saxatile 'Sulphureum'). Die bauen wir weiter weg in Töpfen an. Wird seltsamerweise nur sehr selten gekauft.


Wenn auch kein Steinkraut, passt das Brillenschötchen (Biscutella laevigata) doch sehr gut in diese Serie. Bei uns wächst es zerstreut im Alpenvorland, dazu gibt es noch seltene Reliktvorkommen im Donautal, in Baden-Württemberg und in einigen Mittelgebirgen. Diese Pflanze wächst gerne im Kalkschutt, mag es aber nicht ganz so trocken, wie die Steinkräuter. Wir waren ganz schön perplex, wie kräftig sich die Brillenschötchen, in diesen 10l-Töpfen entwickelt haben. Eine gute Samenernte ist schon gewiss. Ab September diesen Jahres dann neu im Sortiment ! Die Bilder von den brillenartigen Schötchen werde ich in 3-4 Wochen nachreichen.







Sonntag, 17. April 2016

Tips für eine gelungene Aussaat

Die AUSSAAT. Für viele unserer Kunden ein großes Thema, vielleicht ein zu großes. Man sollte niemals 100% nach Rezept und Vorgabe vorgehen, damit wird man garantiert nicht glücklich. Manche Kunden möchten z.B. exakte Angaben zum Aussaattermin, zur Aussaatdichte, zu Temperaturen, oder der Dicke der Erdabdeckung. Mein Tip, wenn es sich nicht gerade um einen Kaltkeimer handelt, oder um etwas sehr Spezielles: Säen Sie einfach, probieren Sie es aus, haben Sie keine Hemmungen ! Die meisten Pflanzen keimen früher oder später, egal, ob viel oder wenig Erde über die Samen gelegt wurde, hohe oder niedrige Temperaturen vorherrschen, dichte oder weniger dichte Aussaat praktiziert wurde. Irgendwas kommt fast immer !

Im Grunde genommen ist die Aussaat eine recht simple Sache. Man braucht:
1. eine qualitativ hochwertige Aussaaterde
2. ein Gewächshaus (egal ob klein oder groß), auf jeden Fall sollten Wind und Wetter nicht direkt auf die Aussaat einwirken können.
3. viel Tageslicht, am besten von oben (Fensterbank ist problematisch - das reicht oft nicht aus)
4. tägliches Gießen (dauerhaft feucht halten)

Dann kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen.

Als Aussaatgefäße verwenden wir seit vielen Jahren die eigentlich für die Staudenkultur üblichen 9cm-Töpfe.


Früher haben wir auch diese Styroporgefäße für die Aussaat verwendet, oder runde Schalen. Aber die Aussaat in Vierecktöpfe erwies sich als die platzsparendste und effektivste Methode.


Wir füllen die Töpfe nur zur Hälfte mit Erde auf. Die Samen werden gewissermaßen tiefergelegt, in eine geschützte Athmosphäre, die eine Austrocknung weniger begünstigt. Und, naja... die Erde ist recht teuer, da will man doch nichts verschwenden... und die jungen Pflänzchen sollen auch nicht so tief wurzeln, sonst kann man sie später schlecht pikieren.


Gute Aussaaterde sollte möglichst feinkrümelig sein und immer Perlit enthalten, ein zermahlenes vulkanisches Gestein. Das sind die harten weissen Krümelchen in der Erde. Bevor man die Aussaatgefäße füllt, muss man die Erde gut auflockern, noch vorhandene Klumpen (auch die kleinen) sollte man alle mit den Handflächen zerreiben. Das dauert seine Zeit, ist aber wichtig !

Und dann natürlich die Ettikettierung. Solche Stecketiketten bekommt man nur selten im Baumarkt, besser im Internet-Versandhandel. Es gibt verschiedenste Größen. Wir verwenden am liebsten 12x1,8cm oder 10x1,6cm. Man kann sie z.B. bei Ebay kaufen und die sind nicht teuer (z.B. 200 St. für 6,90€). Wir kaufen sie natürlich in größerer Menge und noch viel günstiger beim Fachbedarf.

Verwenden Sie bitte nur Bleistifte zur Beschriftung (Härte B). Auf keinen Fall herkömmliche Permanent-Marker (wie z.B. Edding) - die Schrift bleicht im (UV-)Licht schon nach 1-2 Wochen aus, und am Ende kann man gar nichts mehr lesen.


Unsere kleinformatigen, inzwischen vielleicht etwas altmodisch daherkommenden Papiertütchen sind für die Aussaat so ziemlich das Bequemste, was man sich vorstellen kann. Man reisst sie knapp oberhalb des Logo-Streifens auf... knickt evtl. einen Falz rein - und dann gehts los !  Wir bleiben auch künftig bei diesen Tüten - auch aus Umweltgründen.







Das ist jetzt aber zu dicht, oder ? Kann schon sein, aber nur keine Panik ! Beim späteren Pikieren sollte man eh ein kleines Tuff aus mehreren Keimlingen nehmen. Am Ende setzt sich die stärkste Pflanze durch, oder auch mehrere gleichzeitig, wenns später ein Polster werden soll.


Und jetzt siebt man Erde drüber. Über den Daumen gepeilt: etwa samendick. Bei Dunkelkeimern (wie z.B. vielen Malvengewächsen) darfs ruhig 1 cm sein. Die meisten Pflanzen keimen jedoch besser im Licht. Also dann doch nicht zu viel Erde verwenden ! Bei sehr feinen Samen besser gar keine Erde drüber.


Und nun Andrücken - ein Standard-Arbeitsgang, den man nicht vergessen sollte ! Wir verwenden dafür kleinere Töpfe aus Uralt-Produktion mit komplett flachem Boden (die gibts leider nicht mehr). Aber man kann sich leicht selbst was basteln oder irgendwelche passenden Gegenstände dafür zweckentfremden.


Dann gut angießen... nach einer Viertelstunde noch einmal. Bei trockener Aussaaterde geht es einige Zeit, bis der Ballen komplett durchfeuchtet ist. Das muss aber sein.


Nach ein paar Tagen zeigt sich schon der erste grüne Flaum, bei Schnellkeimern wie z.B. Färberkamille (Anthemis tinctoria) oder Schafgarbe (Achillea) und vielen Einjährigen. Nach 10-14 Tagen sieht es ungefähr so aus, wie auf dem nächsten Foto. 

Natürlich gibt es eine Menge Arten, die erst später keimen. Man muss dann schon aufpassen, dass die Oberfläche nie ganz austrocknet. Bei bedecktem Himmel und feuchtkühler Witterung sollte man sich immer zurückhalten und je nach Bedarf nur ca. alle zwei Tage wässern. Zu viel Gießen ist nämlich auch nicht gut ! Dicht gesäte, schon weiter entwickelte Keimlinge können in zu feuchtem Milieu leicht die sogenannte Umfallkrankheit bekommen und wegfaulen. Daher ist es geboten, nach 2-3 Wochen die bereits weit entwickelten Sorten von den anderen zu trennen, die noch mehr gegossen werden müssen. Man kann natürlich gleich so aussäen, dass schnell keimende Saat mit langsam keimender gar nicht erst zusammenkommt. Aber das ist mir zu kompliziert, dafür säen wir viel zu viel aus.


Diese Keimlinge sind noch sehr klein, man kann sie noch nicht pikieren. So feine, zarte Hände hat wohl niemand.



In der Regel dauert es von der Keimung bis zum Pikieren etwa einen Monat, bei manchen Sorten gehts auch schneller. Bei anderen kann es mehrere Monate dauern - das sind dann oft Arten mit sehr kleinen, reservestoffarmen Samen, wie z.B. Heuchera oder Steinbrech (Saxifraga). Eine starre Regel gibt es da nicht. Man muss sich schon jede einzelne Sorte genauer anschauen und feststellen, wann die Jungpflänzchen groß genug sind. Meistens ist es dann der Fall, wenn die ersten Folgeblätter erscheinen. Die Keimblätter sind fast immer ganzrandig und unterscheiden sich bei den meisten Arten markant von den Folgeblättern. Auf dem nächsten Foto kann man das gut sehen. Diese Sorte (eine Schafgarbe) kann jetzt schon pikiert werden.


Zum Thema Pikieren gibts dann später einen extra Beitrag !

Samstag, 9. April 2016

Frühblüher, Zweiter Teil

Letzten Sonntag war ich in der Gegend von Kandern, am Südwestrand des Schwarzwalds unterwegs. Überwiegend Laubwälder auf (bodensaurem) Buntsandstein, in den unteren Bereichen aber auch kalk- und nährstoffreichere Flussablagerungen mit Übergang zum Muschelkalk. Da gab es an Frühblühern schon einiges zu sehen...

Buschwindröschen (Anemone nemorosa) sind ja nichts Ungewöhnliches, aber immer wieder ein schöner Anblick. Sie lassen sich leicht im Garten ansiedeln, man braucht nur ein paar Rhizome, und die treiben jedes Jahr wieder aus und vermehren sich. Diese Anemone wächst nicht nur im Wald, sondern in den Mittelgebirgen auch an sonnigen Böschungen, wo es aber nicht zu trocken sein darf und keine Mahd erfolgt. Wir bieten auch Samen an. Wie erfolgreich die Ansiedlung über Samen ist, dazu habe ich bisher noch keine Rückmeldung erhalten und auch keine eigene Erfahrung gemacht (denn wir haben sie sowieso im Garten, wild). Das Buschwindröschen ist ein Kaltkeimer und bestimmt nicht ganz einfach. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Direktsaat in Frage kommt. Wer dazu was beisteuern kann, möge es hier bitte als Kommentar veröffentlichen.



Warum gibt es wohl so viele Kaltkeimer unter den Frühblühern des Waldes, wie z.B. auch die folgende Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) ? Die Antwort ist nicht so schwierig. Die Samenreife erfolgt ab Ende April/Mai. Bis dahin haben längst die Bäume ausgetrieben und der Wald wird dunkel. Es wäre fatal, wenn die Samen jetzt keimen würden... wenig Licht, relative Trockenheit - ganz schlechte Verhältnisse, kaum eine Jungpflanze hätte eine Chance, sich zu etablieren.


Wenig bekannt, aber im Frühjahr doch recht recht auffällig sind die Milzkräuter, Gattung Chrysosplenium, aus den Steinbrechgewächsen. Sie kommen an feuchten Standorten vor, oft bachbegleitend. In Quellnischen und an dauerfeuchten Hängen können sie große Flächen einnehmen und den Waldboden in eine gelbgrüne Farbe tauchen.


 Es gibt zwei Arten: auf sauren Urgesteinsböden, oder auf Buntsandstein tritt Chrysosplenium oppositifolium, das Wechselblättrige Milzkraut bestandsbildend auf (siehe vorheriges und das folgende Foto). Es ist die kleinere Art, mit gegenständigen Stängelblättern.


Die in weiten Teilen Deutschlands häufigere Art ist das kräftigere Wechelständige Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium, folgendes Foto). Die Hochblätter besitzen einen stärkeren Gelbton und die nierenförmigen Grundblätter sind deutlicher gekerbt und zerstreut behaart. Die Stängelblätter sind wechselständig. Mit ein wenig Übung sind die beiden Arten leicht auseinanderzuhalten. Die Samen sind staubfein, wie bei den meisten Steinbrechgewächsen üblich. Eigentlich werden sie in Massen gebildet, aber ich kenne keinen einzigen Samenhändler, der die Milzkräuter im Angebot hat. Dazu muss ich dringend mal recherchieren...


Huflattich hat vielleicht den lustigsten botanischen Namen überhaupt: Tussilago farfara ! In den Tälern, an wärmebegünstigten Standorten fängt er schon im Februar an zu blühen. Zur Fruchtbildung verlängern sich die Stängel - so kann der Wind die Samen besser verteilen.

Früher fand Huflattich oft als Teepflanze Verwendung, denn er wirkt tatsächlich schleimlösend und lindert Husten und Heiserkeit. Leider enthalten die wilden Herkünfte einiges von den als krebserregend eingestuften Pyrrolizidinalkaloiden. Also besser die Finger davon lassen ! Seit neuestem gibt es aber PA-freie Züchtungen. Mal schauen, ob der Huflattich dadurch ein Revival als Heilpflanze erlebt.

Interessant ist die sehr kurze Keimfähigkeit der Samen... bereits nach wenigen Monaten geht sie verloren. Huflattichsamen sind daher selten im Angebot. Man müsste sie praktisch direkt von der Pflanze ins Tütchen packen. Mal schauen, ob es mir gelingt, dieses Jahr Samen zu sammeln. Man hat zu dieser Jahreszeit eh alle Hände voll zu tun, deshalb habe ich bisher die Finger davon gelassen.


Montag, 28. März 2016

Besondere Blumen im Laubwald

Einfach nur so ein Wald im März ? Kein Grün, nur Laub und Rinde... denkt man. Aber wenn man genauer hinschaut, findet man doch was...




In den meisten Kalkgebieten Deutschlands wachsen sie, die Leberblümchen (Hepatica nobilis). Einfach so am Straßenrand wird man sie aber nur selten finden. Man muss schon ein bischen nach ihnen suchen und ihre Standortansprüche kennen. Immer sind es lichte Laubwälder auf Kalk, in Süd bis Westlage. Wie viele Frühjahrsblüher brauchen die Leberblümchen in ihrer kurzen Wachstumsphase viel Licht, denn bald treiben die Bäume aus und machen den Wald wieder schattig.

In Hohlformen und überall, wo es flach ist im Wald, sammelt sich viel Buchenlaub an, das sich nur langsam zersetzt. An solchen Stellen hat diese 10cm hohe Pflanze praktisch kein Chance, Photosythese zu betreiben - sie wird einfach zugedeckt. Jungpflanzen können sich nur dort etablieren, wo die Laubschicht dünn ist. Und solche Verhältnisse finden sich nur an steilen Hängen und Kanten, wo Reliefenergie und Wind den Boden vom Laub freihalten. Oft sind diese Stellen auch flachgründig und felsig, was die Konkurrenz durch andere Pflanzen reduziert. Und nur dort wächst das Leberblümchen !

Die Schönheit dieser Blüten mit dem Fotoapparat einzufangen ist nicht so einfach. In der Sonne muss man unterbelichten, sonst erscheinen sie unnatürlich hell. 99% der Blüten sind hell- bis mittelviolett. Einzelne Blüten, mit abweichenden Farben kann man in großen Beständen aber immer finden. Relativ häufig ist bei uns in Südbaden diese rosa Variante. Es gibt auch fast weisse, dunkelviolette, halbgefüllte  oder sogar ganz gefüllte Blüten. Besonders in Japan gibt es leidenschaftliche Sammler, die diese Varianten in Töpfen kultivieren und mühsam vermehren.







Die dreilappigen, derben Blätter sind immergrün und können mehrere Jahre alt werden. Ihre Form erinnert mit etwas gutem Willen an eine Leber. In der mittelalterlichen Signaturenlehre wurde dieser Pflanze (zu Unrecht) eine Heilwirkung bei Leberleiden zugeschrieben.


Und zum Abschluss noch was Seltenes, eine Pflanze, die mir noch nicht so oft vor die Kamera gekommen ist. Verraten tu ich es jetzt nicht. Aber der erste, der hier per Kommentar den korrekten deutschen und lateinischen Namen dieser Pflanze nennt, bekommt von uns einen Gutschein in Höhe von 10 Euro, zum Einkauf in einem unserer beiden Onlineshops !

Hier jetzt endlich die Auflösung. Es ging auch nur wenige Stunden, und dann hat einer unserer Stammkunden die Pflanze erkannt. Es handelt sich um die Gewöhnliche Schuppenwurz, Lathraea squamaria. Ein Vollschmarotzer aus der Familie der Orobanchaceae (Sommerwurzgewächse), der Bäume und Sträucher anzapft. In feuchten Laubwäldern in manchen Teilen Deutschlands recht häufig, bei uns im südlichen Baden-Württemberg aber ziemlich selten.